Montag, 26. Juli 2010

Das Siebener-Geheimnis von Kirschau


Wir waren auf die Ausschreibung zum Performance Art Festival - grenzART
in Kirschau in Sachsen gestoßen, den die engagierten Organisatoren von obART um Mike Salomon
dieses Jahr zum ersten Mal veranstalteten, und wurden ausgewählt! Über 45 teilnehmende Künstler aus 12 Ländern reisten an, um ihre Werke und Performances vom 22. bis zum 24. Mai 2010 dem überwiegend zugereisten Publikum vorzuführen. Unterkunft bot ein altes Anwesen, von obART mittlerweile als ARTresidenz bewirtschaftet.
Es gab nur wenige, die wie wir outdoor performten und nicht innerhalb der zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten einer ehemaligen Garnfabrik, dort sahen wir uns einige Installationen und Performances der anderen Künstler an. Bina geriet direkt in zwei Mitmach-Aktionen, sie durfte eine nackte Frau mit Kohle einreiben und einen Baum spielen.
Unsere Performance fand in mehreren Schritten an drei Tagen statt. Im Mittelpunkt stand der Dreiländerstein Kirschaus aus dem Jahre 1746, der damals die Grenze zwischen den Orten Wilthen in Meißen, Schirgiswalde in Böhmen, und Kirschau in der Lausitz markierte. Wogs nahm die Rolle eines Feldgeschworenen ein, Bina dokumentierte die Aktion mit der Videokamera.
Feldgeschworene (im Volksmund auch Siebener genannt) wirken in Bayern und in Rheinland-Pfalz bei der Kennzeichnung von Grundstücksgrenzen mit. Sie versetzen Grenzsteine, wechseln beschädigte Grenzzeichen aus oder entfernen sie.
Dieses Ehrenamt ist im 13. Jahrhundert in Franken entstanden. Dort erkannten die fränkischen Gerichte, dass vor Ort Ansprechpartner in den einzelnen Dörfern nötig waren, die sich mit den lokalen Gegebenheiten auskannten und die Grenzbeaufsichtigung gewährleisteten.
Eine Besonderheit der Feldgeschworenen ist ihr „Siebenergeheimnis“. Mit geheimen Zeichen und Markierungen wird hiermit der Punkt des zu setzenden Grenzsteines gekennzeichnet.
Die geheimen Daten sind von Kommune zu Kommune unterschiedlich und werden gemäß des Brauches nur mündlich an den Nachfolger weitergegeben.

Zu den Aufgaben des Feldgeschworenen Wogs zählten :

- Pflege und intensive Reinigung des Dreiländersteins, Kerzen für die Nacht aufstellen (Aufbau eines Regenschutzes)
- Anbringen von Markierungen (Kreide) und Zeichen (kleine Schildchen) sowie Vergraben von üblichen Markierungskörpern (Flaschen und Tonkegel) überall in Kirschau
- tägliche Kontrolle und Reparatur der Markierungen und Zeichen
- zum Ende: Verhüllung des Dreiländersteins mit Stoff (Bezug zur heimischen Textilindustrie)

Unser Publikum bestand aus staunenden Ortsansässigen sowie amüsierten Festivalbesuchern und -teilnehmern. Während der Markierungsrunde des Feldgeschworenen durch Kirschau folgte ihm eine Traube aufmerksamer Beobachter, an einen von ihnen gab Wogs anschließend das geheime Wissen um die Kodierung weiter.